Kampf um die Steuerreform - Eine Hand wäscht die andere 

(-8- 16.07.2000) - Es war ein langer Kampf, der um die Steuerreform. Ein Kampf zwischen der Regierungskoalition und der Opposition. Keiner wird das Bibelwort "Ich habe den guten Kampf gekämpft, ... den Glauben bewahrt" für sich in Anspruch nehmen können. Vieles ist da um den "Stimmenfang" herum geschehen, was einen doch zu der Auffassung kommen lassen muß, daß "Politik ein schmutziges Geschäft" ist.

Nur 23 Stimmen hatte die Koalition im Bundesrat sicher, 28 würden wohl - auch das schien sicher - gegen den Entwurf stimmen. Also ging es um weitere 18 Stimmen der fünf Länder Brandenburg (SPD/CDU, 4), Berlin (CDU/SPD, 4), Rheinland-Pfalz (SPD/FDP, 4), Bremen (SPD/CDU, 3) und Mecklenburg-Vorpommern (SPD/PDS, 3). Vor allem CDU, aber auch die F.D.P. in Rheinland-Pfalz hatte durchblicken lassen, daß sie dem Entwurf nicht zustimmen würden. Also blieb der Regierungskoalition bis in die Nacht vor der Abstimmung nichts übrig, als auf "Stimmenfang" zu gehen. Und so geschah es, daß die Gesetzesvorlage doch den Bundesrat passierte - ein Sieg für die Regierung - eine Niederlage für die CDU/CSU. Schließlich bekam die Vorlage 41 Ja-Stimmen; in allen fünf strittigen Ländern waren die CDU und die F.D.P "umgefallen". Sie stimmten für die Gesetztesvorlage, weil die Regierung ihnen finanzielle Nachbesserungen im Gesetz zugesagt und versprochen hatte. Und dafür gaben sie der Regierung ihre Stimme.

Nach dem Motto "eine Hand wäscht die andere" war dies von beiden Seiten ein schlechter Stil. Unter anderen Umständen könnte man ein solches "Geschäft" Bestechung und Vorteilsnahme nennen, ein Tatbestand, der üblicher Weise unter Strafe steht. Aber in der Politik ist das wohl etwas anderes. Für Politiker gilt diese Regel offenbar nicht.

Eine erste Reaktion der "Nachbesserung" gab es schon einen Tag später. Da erklärte die Bundesregierung, sie werde auch den Anteil Berlins für die Restaurierung des Berliner Olympiastadions im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2006 (vgl. unter SPORT den Nachtrag zu meinem Beitrag Nr. 3: "Hooligans" - Schrecken des Fußballs) übernehmen und damit insgesamt 400 Millionen Mark bereitstellen. Die Vermutung liegt nahe, daß dies eines der "Geschäfte" gewesen ist, weshalb das CDU-geführte Berlin entgegen ursprünglicher Absicht für die Gesetzesvorlage stimmte. Wir müssen abwarten, was sonst noch alles dabei herauskommen wird.

Wohlgemerkt: Ich kann derzeit selbst nicht beurteilen, ob das Steuerreformgesetz ein gutes oder schlechtes Gesetz sein wird. Vielleicht war es ja richtig, der Vorlage zuzustimmen. Wie aber fünf Länder von der Regierung "geködert" worden sind, halte ich für sehr bedenklich und lehne es ab. Besonders auch, weil der Bundesfinanzminister Eichel (SPD) vorher stets erklärt hatte, weitere Steuereinsparungen seien vollkommen unmöglich. Ich bin sowieso gespannt, wie der Bund das verkraften will. Verzichtet er durch dieses Gesetz doch ab dem Jahre 2005 auf insgesamt 57 Milliarden Mark - und das, obwohl schon heute viel zu wenig Geld in der Bundeskasse ist.

Offenbar aber sind die „Großen" doch wieder die Gewinner bei der Steuerreform. Die Allianz-Versicherung hat jedenfalls im vergangenen Jahr dank der Unternehmenssteuerreform einen Rekordgewinn kassiert. Der Jahresüberschuß stieg um rund 47 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Ohne den steuerlichen Sondereffekt von 1,1 Milliarde Euro wäre der Gewinn nur um 12 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen.

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